Wir segeln von Martinique nach Dominica. Gleich nachdem der Anker aufgeholt ist, weht der Wind in den Segeln und der Motor wird abgeschaltet. Am Horizont ist Dominica bereits sichtbar. Diese Etappe segeln wir ohne unsere Freunde der Belle Amie, die beiden sind für einige Bootsarbeiten auf Martinique geblieben und werden uns früher oder später wieder einholen.
Haben wir schonmal erwähnt, dass das Segeln in der Karibik großartig ist? Ab jetzt machen die kleinen Antillen der Ostkaribik einen leichten Bogen nach Nordwest, somit haben wir den Passatwind weitestgehend von der Seite, was für die SEVEN einer der besten Kurse zum Wind ist. Am Rande zur Rumpfgeschwindigkeit segeln wir direkten Kurs, begleitet von einer großen Delfinschule. Das sind die Momente, für die wir die Reise immer wieder antreten würden, herrlich.
Angekommen in Dominica segeln wir gerade noch so in den Windschatten der Insel und legen eine Zwischenübernachtung vor Mero Beach ein. Am nächsten Morgen fahren wir die restlichen Seemeilen weiter in den Norden der Insel, in die Prince Rupert Bay vor Portsmouth. Hier gibt es eine große und ruhige Bucht, in der wir einige Tage an einer Boje verbringen werden, um in Ruhe die Insel zu erkunden und Janines Geburtstag zu feiern. Letztes Jahr um diese Zeit waren wir in Griechenland und haben uns gefragt, wo wir denn ein Jahr später sein werden. Janine hatte sich Dominica gewünscht und da sind wir auch schon.. Was für ein Wahnsinns Jahr, wie viele Seemeilen und Länder wir inzwischen hinter uns gelassen haben, wie viele Erfahrungen und Erinnerungen, schöne Momente und nette Menschen wir auf unserem Weg getroffen haben. Was kann man sich mehr wünschen.
Dominica ist nur einen Katzensprung von Martinique entfernt und doch wieder eine andere Welt. Eindeutig sind wir wieder auf einer ursprünglichen karibischen Insel angekommen. Nichts mehr hat mit europäischen Gewohnheiten zu tun. Reagee, Rastafari und Lebensfreude bestimmen hier den Ton. Die Insel ist bunt, laut und wild.
Das Bojenfeld in dem wir liegen sowie viele Aktivitäten werden über eine gemeinnützige Organisation namens „Pays“ (Portsmouth associate yacht Service) betrieben, wo wir kurzerhand ein Strand BBQ am Abend sowie eine Indian River Tour buchen. Wie vereinbart, werden wir am nächsten Morgen direkt an unserem Boot, von einem Tourguide abgeholt und fahren den Indian River hinauf. Kurz hinter der Flussmündung beginnt das Naturschutzgebiet und der Guide paddelt uns über den Fluss durch den Regenwald. An einem Seitenarm befindet sich „Calypsos House“, eine der Filmkulissen aus Fluch der Karibik 2. Während der Tour erzählt unser Guide einiges über die Zeit des Filmdrehs, das Leben auf Dominica, die Zerstörung durch Hurricane sowie die gegenwärtige Vegetation mit der dazugehörigen Tierwelt. Es ist beeindruckend schön, trotz eines wolkigen Tages was ja in der Karibik keine Seltenheit ist. Fische, Krebse, Leguane und Kolibris tummeln sich in Ufernähe herum. Toll, so eine intakte und ursprüngliche Natur zu sehen. Wendepunkte der Tour ist eine Bushbar, versteckt im Wald, am Ende des Indian River.
Den Abend verbringen wir am Strand, bei dem für Cruiser organisierten Beach BBQ. Zusammen mit unseren Nachbarbooten, ein Amerikanisches und ein Schweizer Paar, genießen wir den Abend mit leckerem Essen vom Grill, ausreichend Rumpunsch sowie Livemusik eines einheimischen Reageekünstlers.
Am Folgetag besuchen wir zu Fuß die ehemalige britische Festung am Nordende der Bucht. Erstaunlich wie gut diese erhalten ist. Aufgrund der erhöhten Lage dient die Anlage unter anderem als Schutz im Falle eines Tsunami. Über einen kleinen Wanderpfad geht es zur anderen Seite der Bucht mit einer großartigen Aussicht über Dominicas Norden. Für den nächsten Tag haben wir einen Mietwagen organisiert. Wie immer in der preisgünstigsten Kategorie und so staunen wir nicht schlecht, als ein Toyota RAV 4 Geländewangen am Strand bereitsteht. Im späteren Verlauf sind wir dankbar für den wohl leid gewohnten Allrad angetrieben Toyota. Aufgrund der noch anhaltenden körperlichen Einschränkung von Micha (der Ischais nervt im wahrsten Sinne des Wortes noch immer) entscheiden wir uns für Ziele die gut und einfach zu Fuß zu erreichen sind. Die Trafalgar Falls, zwei nebeneinander herabstürzende Wasserfälle, sind sehr beeindruckend. Gerade wegen der weitläufigen Umgebung und des Regenwaldes. Schon allein für diesen Anblick hat sich der Ausflug gelohnt. Entlang der erstaunlich gut ausgebauten Straßen geht es weiter ins Inselinnere. Über einen angelegten Wanderpfad machen wir uns auf zum Emerald Pool. Die Farben der Umgebung sind unglaublich und nur schwer mit der Kamera festzuhalten. Auf jedem Meter durch den Regenwald gibt es etwas Neues und Spannendes zu sehen. Janines Gesichtsausdruck gleicht dem eines freudestrahlenden kleinen Mädchens. Wie glücklich kann ein Mensch gucken? Wir sind sichtlich dankbar das alles zusammen erleben zu dürfen und laufen mit einem Grinsen durch den feuchten Regenwald. Es tropft unaufhörlich von den großen Blättern über uns, dennoch ist es Futter für die Seele. Entlang eines Bachlaufs erreichen wir einen Naturpool, in den ein kleiner Wasserfall hinabstürzt. Glasklares Wasser und strahlende Farben, für uns eine unbeschreibliche Schönheit.
Der nächste Stopp führt uns zu den Jacko Falls. Dominica ist das Land bzw. die Insel der Wasserfälle. Ein kleiner Abstieg ins Bachtal und wir werden wieder einmal mit sattem Grün und ursprünglicher Natur belohnt. Es ist inzwischen später Nachmittag und wir treten den Heimweg an. Auf dem Weg zurück halten wir am Straßenrand an einem Obst und Gemüsestand an. Ein nettes kleines Holzbüdchen, mit dem lusitgen Namen Pharmacy (Apotheke) indem ein Einheimischer alles verkauft, was er in seinem Garten hinter dem angrenzenden Haus selbst angebaut und produziert. Wir finden sogar frische und knackige Tomaten! In der Karibik ist das keine Selbstverständlichkeit. Neben dem Verkaufsstand ist eine Grill- und Räucherhütte, aus der es lecker duftet. Auf unseren neugierigen Blick hin zeigt uns der Inhaber stolz, was er gerade räuchert. Über dem Feuer, aus Kokosschalen, Ästen und Kohle ist ein großes Nagetier gespannt, einem Goldaguti. Der Aguti braucht noch einen Tag, sonst hätte er uns gerne probieren lassen.. Es sieht etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber in Deutschland essen wir ja schließlich auch Hasen.
Weiter geht die wilde Fahrt, da wir auf Dominica mit unseren Handys kein Netz haben, wurde im Vorfeld eine Offline-Karte auf Google Maps zur Straßennavigation heruntergeladen. Die Route zeigt den kürzesten Weg an, so weit so gut. Nach dreimaligem abbiegen hört die Straße plötzlich auf und wir befinden uns auf einem Feldweg wieder, wenn man das überhaupt so nennen kann. Im Standgas rumpeln wir über eine Stunde lang durchs Nirgendwo und hoffen nicht in einem Flusslauf oder Schlagloch stecken zu bleiben, zum Glück haben wir einen Allrad Geländewagen. Die ‚Straße‘ ist geprägt von Überschwemmungen, Unterspülungen und Schlaglöchern, so tief wie ein Kontrollschacht in Europa, Geröll aller Größen, Steinen und Ästen. Janine Fährt und ist sich nicht sicher, ob Sie lachen oder verzweifeln soll. Immerhin kommen uns auch zwei andere Autos entgegen, was uns hoffen lässt, dass der Weg wohl irgendwann wieder in die Zivilisation zurückführt. Aber hey, die Landschaft ist großartig. So mache ich (Micha) ein paar Bilder von der Umgebung während Janine den Wagen bestmöglich auf festem Untergrund hält. Unten angekommen erreichen wir eine Brücke über einem Flusslauf und plötzlich wieder normaler Asphalt, juhu, endlich wieder eine normale befahrbare Straße.
Zurück in unserer Bucht schreiben wir dem Vermieter via WhatsApp, dass wir zurück sind und der Wagen wird innerhalb von Minuten abgeholt. Keine Kontrolle auf Schäden oder Prüfung Tankinhaltes. Nur die Frage, ob alles in Ordnung war und wie uns die Insel gefallen hat. Easy.
Dominica ist für uns bisher die ursprünglichste und wildeste Insel der Reise und wir sind froh diese Eindrücke selbst erleben zu dürfen. Und, kann man sich eigentlich an Sonnenuntergängen und Regenbögen satt sehen? Wir glauben nicht.